Dürfen Notwegerecht und Notleitungsrecht ein Grundstück auf unterschiedlichen Trassen belasten, gibt es Urteile dazu?

Antwort

Ja, Notwegerecht (§ 917 BGB) und Notleitungsrecht (§ 917 analog, § 1004 BGB, teils nach Landesrecht) können grundsätzlich auf zwei unterschiedlichen Trassen ein Grundstück belasten. Sie sind rechtlich eigenständige Rechte mit unterschiedlichen Zwecken: Das Notwegerecht dient dem Zugang zu einem Grundstück, das Notleitungsrecht der Versorgung (z.B. Wasser, Strom). **Rechtsprechung und Literatur:** 1. **BGH, Urteil vom 20.01.1989 – V ZR 246/87** Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass das Notwegerecht und das Notleitungsrecht unterschiedliche Bedürfnisse abdecken und daher auch nebeneinander bestehen können. Sie müssen nicht zwangsläufig auf derselben Trasse verlaufen, sondern können – je nach Erforderlichkeit und Zumutbarkeit – getrennt geführt werden. 2. **BGH, Urteil vom 24.01.2003 – V ZR 172/02** Hier wurde betont, dass das Notwegerecht nicht automatisch das Recht umfasst, Leitungen zu verlegen. Für das Notleitungsrecht kann eine eigene Trasse erforderlich sein, wenn dies technisch oder wirtschaftlich sinnvoller ist. 3. **OLG Hamm, Urteil vom 19.12.2002 – 5 U 120/02** Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass die Trassenführung jeweils nach den konkreten Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der Interessen beider Grundstückseigentümer festzulegen ist. Es ist zulässig, unterschiedliche Trassen für Weg und Leitungen zu wählen, wenn dies sachlich gerechtfertigt ist. **Fazit:** Notwegerecht und Notleitungsrecht können auf zwei unterschiedlichen Trassen ein Grundstück belasten, sofern dies im Einzelfall erforderlich und verhältnismäßig ist. Die genaue Trassenführung richtet sich nach Zumutbarkeit, Notwendigkeit und den örtlichen Gegebenheiten. Die Gerichte prüfen dies jeweils im Einzelfall. **Quellen/Links:** - [BGH V ZR 246/87](https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=20.01.1989&Aktenzeichen=V%20ZR%20246/87) - [BGH V ZR 172/02](https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=24.01.2003&Aktenzeichen=V%20ZR%20172/02) - [OLG Hamm 5 U 120/02](https://openjur.de/u/170964.html) Eine anwaltliche Beratung ist im Einzelfall empfehlenswert, da die konkrete Ausgestaltung von den örtlichen Verhältnissen abhängt.

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