Warum ist das moralisch Gute unabhängig von subjektiven Befindlichkeiten? Erkläre und nenne Beispiele.

Antwort

Das moralisch Gute wird oft als unabhängig von subjektiven Befindlichkeiten betrachtet, weil es auf universellen Prinzipien oder objektiven Maßstäben basiert, die über individuelle Meinungen und Gefühle hinausgehen. Hier sind einige Erklärungen und Beispiele: 1. **Kategorischer Imperativ (Immanuel Kant)**: - **Erklärung**: Kant argumentiert, dass moralische Handlungen nach universellen Prinzipien beurteilt werden sollten, die für alle Menschen gelten, unabhängig von ihren persönlichen Wünschen oder Gefühlen. Ein moralisches Gesetz muss für alle rationalen Wesen gültig sein. - **Beispiel**: Wenn jemand lügt, um sich selbst zu schützen, könnte das subjektiv gerechtfertigt erscheinen. Nach Kant wäre Lügen jedoch immer falsch, weil es nicht als allgemeines Gesetz gelten könnte, ohne die Grundlage des Vertrauens in der Gesellschaft zu zerstören. 2. **Utilitarismus (John Stuart Mill, Jeremy Bentham)**: - **Erklärung**: Der Utilitarismus bewertet Handlungen nach ihrem Beitrag zum größten Glück der größten Zahl. Das moralisch Gute wird durch die objektive Maximierung des allgemeinen Wohlergehens bestimmt, nicht durch individuelle Präferenzen. - **Beispiel**: Eine Person könnte subjektiv das Bedürfnis verspüren, egoistisch zu handeln, aber wenn diese Handlung dem allgemeinen Wohl schadet, wäre sie nach utilitaristischen Maßstäben moralisch falsch. 3. **Naturrecht (Thomas von Aquin)**: - **Erklärung**: Das Naturrecht basiert auf der Idee, dass es objektive moralische Gesetze gibt, die in der Natur des Menschen und der Welt verankert sind. Diese Gesetze sind unabhängig von individuellen Meinungen und müssen von allen Menschen erkannt und befolgt werden. - **Beispiel**: Die Achtung des Lebens wird als ein Naturrecht betrachtet. Selbst wenn jemand subjektiv der Meinung ist, dass das Leben eines anderen weniger wert ist, bleibt die Tötung moralisch falsch, weil sie gegen das objektive Naturrecht verstößt. 4. **Moralischer Realismus**: - **Erklärung**: Moralischer Realismus behauptet, dass es moralische Fakten gibt, die unabhängig von menschlichen Überzeugungen oder Gefühlen existieren. Diese Fakten sind objektiv und können durch rationale Überlegungen entdeckt werden. - **Beispiel**: Die Aussage "Folter ist falsch" wird als objektive moralische Tatsache betrachtet, unabhängig davon, ob jemand subjektiv glaubt, dass Folter in bestimmten Situationen gerechtfertigt sein könnte. Diese Ansätze zeigen, dass das moralisch Gute oft als etwas betrachtet wird, das über individuelle Meinungen und Gefühle hinausgeht und auf universellen oder objektiven Prinzipien basiert.

Kategorie: Ethik Tags: Moral Subjektivität Ethik
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