Woher stammt die Vermutung, dass die Taufformel von Jesus in Matthäus 28 später zur Bibel hinzugefügt wurde?

Antwort

Die Vermutung, dass die sogenannte Taufformel in Matthäus 28,19 („Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“) später hinzugefügt oder redaktionell verändert wurde, stammt aus mehreren Beobachtungen und Überlegungen der neutestamentlichen Textforschung und Theologie: 1. **Unterschied zu anderen Taufberichten**: In der Apostelgeschichte und den Paulusbriefen wird die Taufe meist „auf den Namen Jesu“ oder „im Namen Jesu Christi“ vollzogen (z.B. Apostelgeschichte 2,38; 8,16; 10,48; Römer 6,3). Die trinitarische Formel taucht dort nicht auf. 2. **Sprachliche und theologische Entwicklung**: Die klare Dreigliederung „Vater, Sohn und Heiliger Geist“ spiegelt eine theologische Entwicklung wider, die in der frühen Kirche erst nach und nach entstand. Manche Forscher vermuten, dass die Formel eine spätere liturgische Praxis widerspiegelt, die in den Text eingearbeitet wurde. 3. **Textkritische Hinweise**: Es gibt keine alten Handschriften, in denen der Vers fehlt, aber einige Kirchenväter (z.B. Eusebius von Caesarea) zitieren den Vers in einer kürzeren Form („Taufet sie in meinem Namen“), was auf eine andere Überlieferung hindeuten könnte. 4. **Historisch-kritische Exegese**: Die historisch-kritische Forschung geht davon aus, dass der Evangelist Matthäus sein Evangelium um das Jahr 80–90 n. Chr. schrieb, also zu einer Zeit, als die trinitarische Formel bereits in der Kirche gebräuchlich war. Manche Exegeten halten es daher für möglich, dass Matthäus die Formel bewusst so formulierte oder dass sie später redaktionell eingefügt wurde, um die kirchliche Praxis zu legitimieren. **Fazit:** Die Vermutung basiert also auf dem Vergleich mit anderen neutestamentlichen Taufberichten, der Entwicklung der Trinitätslehre, Zitaten bei Kirchenvätern und der Annahme einer redaktionellen Anpassung an die spätere kirchliche Praxis. Ein Konsens besteht darüber jedoch nicht; viele Theologen halten die Formel auch für ursprünglich matthäisch. Weitere Informationen findest du z.B. bei [bibelwissenschaft.de](https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/37713/) oder in wissenschaftlichen Kommentaren zum Matthäusevangelium.

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