Warum war die Ausgabe des Neuen Testaments von Erasmus kritisch?

Antwort

Die Ausgabe des Neuen Testaments von Erasmus von Rotterdam, die 1516 veröffentlicht wurde, war aus mehreren Gründen kritisch: 1. **Textkritik**: Erasmus verwendete für seine Ausgabe verschiedene griechische Manuskripte, die zu seiner Zeit verfügbar waren. Diese Manuskripte waren oft fehlerhaft und wiesen Unterschiede zu den lateinischen Vulgata-Texten auf, die zu dieser Zeit weit verbreitet waren. Dies führte zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Textüberlieferung. 2. **Übersetzungsfragen**: Erasmus übersetzte den griechischen Text ins Lateinische und stellte dabei fest, dass viele Passagen in der Vulgata nicht mit dem griechischen Original übereinstimmten. Dies stellte die Autorität der Vulgata in Frage und führte zu Spannungen mit der katholischen Kirche. 3. **Reformatorische Impulse**: Die Veröffentlichung des Neuen Testaments von Erasmus fiel in eine Zeit, in der die Reformation an Fahrt gewann. Seine Arbeit trug zur Verbreitung reformatorischer Ideen bei, indem sie den Zugang zu den biblischen Texten in der Originalsprache erleichterte und die Notwendigkeit einer Rückkehr zu den Quellen betonte. 4. **Kritik an der Kirche**: Erasmus' Ausgabe war auch eine indirekte Kritik an der katholischen Kirche und ihren Praktiken, da sie die Notwendigkeit einer Reform und eine Rückbesinnung auf die biblischen Grundlagen unterstrich. Insgesamt war die Ausgabe von Erasmus ein bedeutender Schritt in der Entwicklung der Bibelwissenschaft und der reformatorischen Bewegung, da sie die Grundlage für spätere Übersetzungen und kritische Textausgaben legte.

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