Im Haftungsrecht bezeichnet eine rechtfertigende Pflichtenkollision eine Situation, in der eine Person gleichzeitig mehreren rechtlichen Pflichten unterliegt, die sich gegenseitig ausschließen. Das bedeutet, dass die Erfüllung der einen Pflicht zwangsläufig zur Verletzung der anderen führt. In solchen Fällen wird die Handlung, die zur Erfüllung der vorrangigen Pflicht führt, als gerechtfertigt angesehen, und die Person wird nicht für die Verletzung der anderen Pflicht haftbar gemacht. Ein klassisches Beispiel für eine rechtfertigende Pflichtenkollision ist der Fall eines Arztes, der zwei schwer verletzte Patienten gleichzeitig behandeln muss. Angenommen, Patient A und Patient B benötigen beide sofortige lebensrettende Maßnahmen, aber der Arzt kann nur einen von beiden sofort behandeln. Der Arzt entscheidet sich, Patient A zu behandeln, weil dessen Zustand kritischer ist. In diesem Fall verletzt der Arzt zwar seine Pflicht gegenüber Patient B, aber diese Verletzung ist gerechtfertigt, weil er die vorrangige Pflicht hatte, das Leben von Patient A zu retten. Diese rechtfertigende Pflichtenkollision entlastet den Arzt von der Haftung für die Verletzung der Pflicht gegenüber Patient B, da er in einer Zwangslage war und die vorrangige Pflicht erfüllt hat.