Die Begriffe "formelle Rechtskraft" und "materielle Rechtskraft" beziehen sich auf unterschiedliche Aspekte der Rechtskraft von gerichtlichen Entscheidungen. 1. **Formelle Rechtskraft**: - **Definition**: Eine Entscheidung ist formell rechtskräftig, wenn sie nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln (wie Berufung oder Revision) angefochten werden kann. - **Bedeutung**: Die Entscheidung ist endgültig und verbindlich in Bezug auf das Verfahren, in dem sie ergangen ist. Es gibt keine Möglichkeit mehr, das Urteil im selben Verfahren anzufechten. - **Zeitpunkt**: Tritt ein, wenn die Frist für die Einlegung von Rechtsmitteln abgelaufen ist oder wenn alle zulässigen Rechtsmittel ausgeschöpft wurden. 2. **Materielle Rechtskraft**: - **Definition**: Eine Entscheidung ist materiell rechtskräftig, wenn sie inhaltlich verbindlich ist und die Rechtslage zwischen den Parteien endgültig regelt. - **Bedeutung**: Die Entscheidung hat Bindungswirkung für zukünftige Verfahren zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegenstand. Es darf keine erneute Entscheidung über denselben Sachverhalt geben. - **Zeitpunkt**: Tritt in der Regel gleichzeitig mit der formellen Rechtskraft ein, da die materielle Rechtskraft voraussetzt, dass die Entscheidung formell rechtskräftig ist. Zusammengefasst: Die formelle Rechtskraft betrifft die Unanfechtbarkeit der Entscheidung im laufenden Verfahren, während die materielle Rechtskraft die inhaltliche Bindungswirkung der Entscheidung für zukünftige Verfahren betrifft.