Francisco Varela, ein chilenischer Biologe und Philosoph, hat den Begriff der "reziproken Störung" im Kontext der Autopoiesis und der kognitiven Wissenschaften verwendet. Unter einer reziproken Störung versteht Varela eine wechselseitige Beeinflussung zwischen einem Organismus und seiner Umwelt, bei der beide Seiten sich gegenseitig beeinflussen und verändern. Diese Interaktionen sind nicht einseitig, sondern bidirektional, was bedeutet, dass sowohl der Organismus als auch die Umwelt aufeinander reagieren und sich anpassen. Ein Beispiel für eine reziproke Störung könnte die Beziehung zwischen einem Tier und seinem Lebensraum sein. Das Tier beeinflusst durch seine Aktivitäten die Umwelt (z.B. durch Nahrungssuche, Bau von Nestern), während die Umwelt wiederum das Verhalten und die Entwicklung des Tieres beeinflusst (z.B. durch das Angebot an Nahrung, klimatische Bedingungen). Diese Idee ist zentral für Varelas Verständnis von Autopoiesis, bei dem lebende Systeme als selbsterschaffende und selbsterhaltende Einheiten betrachtet werden, die in ständiger Wechselwirkung mit ihrer Umgebung stehen.