Wie werden Delegitimierungsstrategien im COVID-19-Diskurs mittels Evidentialität eingesetzt?

Antwort

Im COVID-19-Diskurs spielen Delegitimierungsstrategien eine zentrale Rolle, insbesondere im Umgang mit Evidentialität – also der Art und Weise, wie Sprecher*innen ihre Aussagen durch Verweise auf Wissen, Belege oder Quellen absichern. Delegitimierung zielt darauf ab, die Glaubwürdigkeit von Personen, Institutionen oder Aussagen zu untergraben. Im Kontext von COVID-19 lassen sich verschiedene Strategien beobachten: **1. Infragestellen der Evidenzbasis:** Aussagen wie „Die sogenannten Experten irren sich ständig“ oder „Die Studienlage ist widersprüchlich“ zielen darauf ab, die wissenschaftliche Grundlage von Maßnahmen oder Empfehlungen zu schwächen. Hier wird die Evidentialität der Gegenseite als unsicher oder unzureichend dargestellt. **2. Diskreditierung von Quellen:** Häufig werden Institutionen wie das Robert Koch-Institut oder die WHO als politisch gesteuert oder inkompetent dargestellt („Das RKI ist doch nur ein Sprachrohr der Regierung“). Damit wird die Legitimität der von diesen Institutionen präsentierten Evidenz angezweifelt. **3. Betonung alternativer Evidenz:** Delegitimierung erfolgt auch durch das Hervorheben von Einzelstudien, Anekdoten oder abweichenden Expertenmeinungen („Es gibt auch Wissenschaftler, die das ganz anders sehen“). So wird suggeriert, dass die offizielle Evidenz nicht eindeutig oder gar manipuliert sei. **4. Verschwörungstheoretische Rahmung:** Die Behauptung, dass Daten oder Studien absichtlich gefälscht oder zurückgehalten werden („Die Wahrheit wird uns verschwiegen“), untergräbt die Vertrauenswürdigkeit jeglicher Evidenz, die nicht ins eigene Weltbild passt. **5. Sprachliche Markierungen der Unsicherheit:** Formulierungen wie „angeblich“, „soll“, „wird behauptet“ oder „man sagt“ distanzieren den Sprecher von der Evidenz und stellen sie als unsicher oder zweifelhaft dar. **Fazit:** Im COVID-19-Diskurs werden Delegitimierungsstrategien gezielt eingesetzt, um die Evidentialität gegnerischer Positionen zu schwächen und die eigene Sichtweise zu stärken. Dies geschieht durch das Infragestellen von Belegen, die Diskreditierung von Quellen, das Hervorheben alternativer Evidenz, verschwörungstheoretische Rahmungen und sprachliche Unsicherheitsmarker. Solche Strategien erschweren einen sachlichen, evidenzbasierten Diskurs und fördern Polarisierung. Weiterführende Literatur: - Keller, R. (2021). Diskursforschung: Eine Einführung für Sozialwissenschaftler*innen. - Bromme, R., Mede, N. G., Thomm, E., Kremer, B., & Ziegler, R. (2022). „Wissenschaftskommunikation in der COVID-19-Pandemie: Herausforderungen und Reaktionen“. - [Robert Koch-Institut](https://www.rki.de) - [WHO](https://www.who.int)

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