Lautleseverfahren und Vielleseverfahren sind zwei Ansätze zur Förderung der Lesekompetenz, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Hier sind die Ziele, Methoden und die empirische Evidenz für ihre Wirksamkeit: ### Lautleseverfahren **Ziele:** - Verbesserung der Leseflüssigkeit (Fluency) - Erhöhung der Lesegenauigkeit - Förderung des Leseverständnisses - Stärkung des Selbstvertrauens beim Lesen **Methoden:** - **Wiederholtes Lesen (Repeated Reading):** Schüler lesen denselben Text mehrmals, bis sie eine bestimmte Flüssigkeit erreicht haben. - **Chorales Lesen (Choral Reading):** Eine Gruppe von Schülern liest gemeinsam laut, um die Leseflüssigkeit zu verbessern. - **Begleitetes Lautlesen (Assisted Reading):** Ein Lehrer oder ein fortgeschrittener Leser liest gemeinsam mit dem Schüler, um Unterstützung zu bieten. - **Echo-Lesen (Echo Reading):** Der Lehrer liest einen Satz oder Abschnitt vor, und die Schüler wiederholen ihn. **Empirische Evidenz:** - Studien zeigen, dass wiederholtes Lesen die Leseflüssigkeit und das Leseverständnis signifikant verbessern kann (z.B. National Reading Panel, 2000). - Lautleseverfahren sind besonders effektiv für Schüler mit Leseschwierigkeiten oder für diejenigen, die zusätzliche Unterstützung benötigen (Therrien, 2004). ### Vielleseverfahren **Ziele:** - Förderung der Lesemotivation und Lesefreude - Erweiterung des Wortschatzes - Verbesserung des Leseverständnisses - Entwicklung einer positiven Einstellung zum Lesen **Methoden:** - **Freies Lesen (Free Voluntary Reading):** Schüler wählen selbstständig Bücher aus, die sie interessieren, und lesen diese in ihrem eigenen Tempo. - **Lesenächte oder Leseprojekte:** Organisierte Veranstaltungen, bei denen Schüler über einen längeren Zeitraum lesen. - **Leseclubs oder Lesekreise:** Gruppen von Schülern treffen sich regelmäßig, um über gelesene Bücher zu diskutieren. - **Bibliotheksbesuche:** Regelmäßige Besuche in der Schulbibliothek, um den Zugang zu einer Vielzahl von Büchern zu erleichtern. **Empirische Evidenz:** - Forschung zeigt, dass Vielleseverfahren die Lesemotivation und das Leseverständnis fördern können (Krashen, 2004). - Schüler, die regelmäßig und freiwillig lesen, entwickeln oft einen größeren Wortschatz und bessere Lesegewohnheiten (Guthrie & Wigfield, 2000). - Vielleseverfahren können auch dazu beitragen, die Lesekompetenz langfristig zu verbessern, da sie eine positive Einstellung zum Lesen fördern (Cunningham & Stanovich, 1998). ### Zusammenfassung Beide Verfahren haben ihre spezifischen Vorteile und können je nach Zielgruppe und Kontext unterschiedlich wirksam sein. Lautleseverfahren sind besonders nützlich für die Verbesserung der Leseflüssigkeit und Genauigkeit, während Vielleseverfahren die Lesemotivation und das Leseverständnis fördern. Empirische Studien unterstützen die Wirksamkeit beider Ansätze, wobei die Wahl des Verfahrens von den individuellen Bedürfnissen der Schüler abhängt.