Die Auswahl der Schriften für den neutestamentlichen Kanon war ein komplexer Prozess, der mehrere Jahrhunderte dauerte und von verschiedenen Faktoren beeinflusst wurde. Hier sind einige Gründe, warum nicht alle zur Verfügung stehenden Schriften, einschließlich des Clemensbriefs, in den Kanon aufgenommen wurden: 1. **Apostolische Authentizität**: Schriften, die als authentisch von den Aposteln oder ihren unmittelbaren Gefährten angesehen wurden, hatten eine höhere Wahrscheinlichkeit, in den Kanon aufgenommen zu werden. Der Clemensbrief wurde zwar von Clemens von Rom verfasst, der als ein früher Kirchenvater gilt, aber er war kein Apostel. 2. **Theologische Übereinstimmung**: Die Schriften mussten mit der bereits etablierten christlichen Lehre und Theologie übereinstimmen. Texte, die als theologisch abweichend oder problematisch angesehen wurden, wurden oft ausgeschlossen. 3. **Weite Verbreitung und Akzeptanz**: Schriften, die in vielen verschiedenen christlichen Gemeinden weit verbreitet und akzeptiert waren, hatten eine höhere Chance, in den Kanon aufgenommen zu werden. Der Clemensbrief war zwar bekannt und geschätzt, aber er hatte nicht die gleiche Verbreitung und Akzeptanz wie andere Schriften. 4. **Liturgische Nutzung**: Schriften, die regelmäßig im Gottesdienst verwendet wurden, wurden eher als kanonisch betrachtet. Der Clemensbrief wurde zwar in einigen Gemeinden gelesen, aber nicht so häufig wie die kanonischen Schriften. 5. **Kirchliche Autorität**: Die Entscheidung, welche Schriften in den Kanon aufgenommen wurden, lag letztlich bei den frühen Kirchenführern und Konzilien. Diese Autoritäten trafen ihre Entscheidungen basierend auf den oben genannten Kriterien sowie auf anderen Überlegungen. Der Clemensbrief ist dennoch ein wichtiges Dokument der frühen Kirche und wird in vielen christlichen Traditionen als wertvolle historische und theologische Quelle geschätzt, auch wenn er nicht in den neutestamentlichen Kanon aufgenommen wurde.