Warum widerspricht das Gottesbild der drei Gleichnisse Jesu vom Verlorenen (Sohn, Schaf, Groschen) dem Gottesbild des Paulus?

Antwort

Die drei Gleichnisse Jesu vom Verlorenen (Lk 15: das verlorene Schaf, die verlorene Drachme, der verlorene Sohn) zeichnen ein Gottesbild, das stark von Barmherzigkeit, bedingungsloser Liebe und der aktiven Suche nach dem Verlorenen geprägt ist. Gott wird als jemand dargestellt, der voller Mitgefühl ist, der sich über die Rückkehr des Verlorenen freut und der nicht auf Strafe oder Vergeltung aus ist, sondern auf Versöhnung und Wiederherstellung. Das Gottesbild des Paulus, wie es in seinen Briefen (z.B. Römerbrief, Galaterbrief) erscheint, betont hingegen häufig die Gerechtigkeit Gottes, die Notwendigkeit des Glaubens an Christus für die Rechtfertigung und die Erlösung des Menschen. Bei Paulus steht oft die Sündhaftigkeit des Menschen und die Notwendigkeit der Erlösung durch den Kreuzestod Jesu im Vordergrund. Gott ist bei Paulus zwar auch barmherzig, aber diese Barmherzigkeit ist an den Glauben an Christus und die Annahme seiner Gnade gebunden. **Widerspruch im Gottesbild:** 1. **Bedingungslosigkeit vs. Bedingtheit:** In den Gleichnissen Jesu wird Gottes Liebe als bedingungslos dargestellt: Der Vater nimmt den verlorenen Sohn ohne Vorbedingungen wieder auf, das Schaf wird gesucht, ohne dass es etwas dafür tun muss. Bei Paulus ist die Annahme durch Gott an den Glauben an Christus gebunden (Röm 3,22-24). 2. **Aktive Suche vs. Rechtfertigung durch Glauben:** In den Gleichnissen sucht Gott aktiv nach dem Verlorenen. Bei Paulus steht der Mensch in der Verantwortung, den Glauben anzunehmen, um gerechtfertigt zu werden. 3. **Freude über das Verlorene vs. Betonung der Sünde:** Die Gleichnisse betonen die Freude Gottes über die Rückkehr des Verlorenen. Bei Paulus steht die Sündhaftigkeit des Menschen und die Notwendigkeit der Erlösung im Vordergrund. **Zusammengefasst:** Das Gottesbild der Gleichnisse Jesu hebt die unbedingte, suchende und vergebende Liebe Gottes hervor, während Paulus stärker die Gerechtigkeit Gottes, die Sünde des Menschen und die Notwendigkeit des Glaubens an Christus betont. Daraus ergibt sich ein gewisser Widerspruch: Während Jesus in den Gleichnissen Gottes Liebe als voraussetzungslos schildert, sieht Paulus die Annahme durch Gott an bestimmte Bedingungen (Glaube an Christus) geknüpft. **Weiterführende Links:** - [Evangelium nach Lukas 15 (Bibeltext)](https://www.bibleserver.com/LUT/Lukas15) - [Römerbrief (Bibeltext)](https://www.bibleserver.com/LUT/Römer3) - [Paulus und das Gottesbild – Artikel auf evangelisch.de](https://www.evangelisch.de/inhalte/151348/13-04-2018/paulus-und-das-gottesbild) Diese Unterschiede werden in der Theologie bis heute diskutiert und unterschiedlich bewertet.

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