Frühes Armutsideal der franziskanischen Bewegung in verschiedenen Phasen und Funktionen?

Antwort

Das Armutsideal der franziskanischen Bewegung, die im 13. Jahrhundert von Franz von Assisi gegründet wurde, durchlief verschiedene Phasen und hatte unterschiedliche Funktionen: 1. **Gründungsphase (1209-1226)**: - **Ideale**: Franz von Assisi und seine Anhänger lebten in radikaler Armut, verzichteten auf persönlichen Besitz und lebten von Almosen. Sie wollten das Evangelium in seiner ursprünglichen Form nachleben und sich ganz auf Gott verlassen. - **Funktion**: Die Armut diente als Ausdruck der Nachfolge Christi und als Protest gegen die materielle und moralische Korruption der Kirche und der Gesellschaft. 2. **Institutionalisierungsphase (1226-1239)**: - **Ideale**: Nach dem Tod von Franz von Assisi wurde die Bewegung größer und organisierter. Es gab Spannungen zwischen den "Spiritualen", die an der radikalen Armut festhalten wollten, und den "Konventualen", die eine gemäßigtere Form der Armut befürworteten. - **Funktion**: Die Armutsideale wurden teilweise angepasst, um die wachsende Gemeinschaft zu organisieren und zu stabilisieren. Es wurden Regeln entwickelt, um den Besitz von Gemeinschaftseigentum zu ermöglichen, während persönlicher Besitz weiterhin abgelehnt wurde. 3. **Konsolidierungsphase (1240-1274)**: - **Ideale**: Die Bewegung wurde weiter institutionalisiert, und es kam zu einer offiziellen Anerkennung durch die Kirche. Die Spannungen zwischen den verschiedenen Fraktionen blieben bestehen. - **Funktion**: Die Armutsideale wurden weiter modifiziert, um die Integration in die kirchliche Hierarchie zu ermöglichen. Die Franziskaner spielten eine wichtige Rolle in der Seelsorge, Bildung und Mission. 4. **Spätere Entwicklungen (ab 1274)**: - **Ideale**: Die Spannungen zwischen den radikalen und gemäßigten Flügeln der Bewegung führten zu Spaltungen und Reformbewegungen innerhalb des Ordens. - **Funktion**: Die Armutsideale wurden je nach Fraktion unterschiedlich interpretiert. Einige Gruppen hielten an der ursprünglichen radikalen Armut fest, während andere eine pragmatischere Herangehensweise verfolgten, um ihre missionarischen und pastoralen Aufgaben zu erfüllen. Insgesamt diente das Armutsideal der franziskanischen Bewegung als spirituelles Leitbild, als Mittel zur Kritik an der bestehenden Ordnung und als Grundlage für die Organisation und das Wachstum der Gemeinschaft.

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