Der Erlaubnistatbestandsirrtum (ETBI) ist ein komplexes Rechtsproblem im Strafrecht, das sich mit der Frage beschäftigt, wie zu verfahren ist, wenn der Täter irrtümlich annimmt, die Voraussetzungen eines rechtfertigenden Sachverhalts (z.B. Notwehr) lägen vor. Es gibt verschiedene Ansichten dazu: 1. **Strenge Schuldtheorie**: Diese Ansicht behandelt den ETBI als einen Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB. Der Täter irrt sich über die rechtlichen Grenzen seines Handelns, was zur Folge hat, dass der Irrtum nur dann entschuldigt, wenn er unvermeidbar war. Ist der Irrtum vermeidbar, bleibt der Täter strafbar, jedoch kann die Strafe gemildert werden. 2. **Eingeschränkte Schuldtheorie**: Diese Theorie differenziert zwischen einem Erlaubnisirrtum und einem Erlaubnistatbestandsirrtum. Der ETBI wird hier als ein Tatbestandsirrtum gemäß § 16 StGB behandelt, was zur Folge hat, dass der Täter ohne Schuld handelt, wenn er sich über die tatsächlichen Umstände irrt, die den rechtfertigenden Sachverhalt begründen würden. 3. **Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen**: Diese Ansicht sieht die Rechtfertigungsgründe als negative Tatbestandsmerkmale an. Ein Irrtum über das Vorliegen dieser negativen Tatbestandsmerkmale führt dazu, dass der Täter nicht vorsätzlich handelt, da er sich über das Vorliegen eines rechtfertigenden Sachverhalts irrt. Der Täter bleibt straflos, weil der Vorsatz fehlt. 4. **Rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie**: Diese Theorie kombiniert Elemente der strengen Schuldtheorie und der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen. Der ETBI wird als ein Tatbestandsirrtum behandelt, jedoch wird auf die Rechtsfolgen des § 17 StGB verwiesen, sodass der Täter nur dann straflos bleibt, wenn der Irrtum unvermeidbar war. Diese unterschiedlichen Ansichten führen zu verschiedenen rechtlichen Konsequenzen und spiegeln die Komplexität und die unterschiedlichen Interpretationen des Strafrechts wider.