Doris Bühler-Niederberger untersucht in ihren Arbeiten die Geschichte der Kindheit und deren historische Etablierung. Historisch betrachtet hat sich das Konzept der Kindheit über verschiedene Epochen hinweg gewandelt. In der Antike und im Mittelalter wurde Kindheit oft nicht als eigenständige Lebensphase betrachtet; Kinder galten häufig als kleine Erwachsene und wurden früh in die Arbeitswelt integriert. Im Laufe der Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert begann sich das Verständnis von Kindheit zu verändern. Philosophen wie John Locke und Jean-Jacques Rousseau betonten die Bedeutung der Erziehung und die Notwendigkeit, Kinder als eigenständige Wesen zu betrachten, die besondere Bedürfnisse und Rechte haben. Diese Ideen führten zu einer stärkeren Fokussierung auf Bildung und die Entwicklung von Kindheit als spezifischer Lebensphase. Im 19. Jahrhundert, insbesondere mit der Industrialisierung, wurde die Kindheit zunehmend als schützenswert angesehen. Es entstanden Gesetze zum Schutz von Kindern, und die Idee der Kindheit als Zeit der Unschuld und des Spiels gewann an Bedeutung. Diese Veränderungen wurden durch soziale Bewegungen und die Entwicklung von Institutionen wie Schulen und Kindergärten unterstützt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die historische Etablierung der Kindheit durch einen Wandel in der Wahrnehmung und den sozialen Rahmenbedingungen geprägt war, der von der Auffassung von Kindern als Arbeitskräften hin zu einem Verständnis von Kindheit als eigenständiger und schützenswerter Lebensphase führte.