Was sind Bildungsstandards und welche Kritikpunkte werden aus lese- und literaturdidaktischer Perspektive häufig an ihnen geäußert?

Antwort

Bildungsstandards sind verbindliche Vorgaben, die festlegen, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler bis zu bestimmten Zeitpunkten ihrer Schullaufbahn erworben haben sollen. Sie dienen dazu, die Qualität und Vergleichbarkeit von Bildung zu sichern und zu verbessern. Bildungsstandards definieren also, was Lernende wissen und können sollen, und sind oft in Form von Kompetenzmodellen strukturiert. Aus lese- und literaturdidaktischer Perspektive werden an Bildungsstandards häufig folgende Kritikpunkte geäußert: 1. **Reduktion von Bildung auf messbare Kompetenzen**: Kritiker argumentieren, dass Bildungsstandards die Komplexität von Bildung auf messbare und überprüfbare Kompetenzen reduzieren. Dies könne dazu führen, dass wichtige Aspekte wie Kreativität, kritisches Denken und ästhetische Bildung vernachlässigt werden. 2. **Vernachlässigung individueller Lernprozesse**: Bildungsstandards setzen oft einheitliche Ziele für alle Schülerinnen und Schüler, was die individuellen Lernprozesse und -bedürfnisse der einzelnen Lernenden nicht ausreichend berücksichtigt. 3. **Lehrplanorientierung statt Schülerorientierung**: Es wird bemängelt, dass Bildungsstandards den Unterricht stärker auf die Erfüllung von Vorgaben ausrichten, anstatt auf die Interessen und Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler einzugehen. 4. **Überbetonung von Tests und Prüfungen**: Die Orientierung an Bildungsstandards kann zu einer Überbetonung von Tests und Prüfungen führen, was den Unterricht auf das "Teaching to the Test" reduziert und die Freude am Lesen und an der Literatur mindern kann. 5. **Einschränkung der Lehrerautonomie**: Bildungsstandards können die pädagogische Freiheit der Lehrkräfte einschränken, da sie sich stärker an vorgegebenen Zielen und Inhalten orientieren müssen. 6. **Mangelnde Berücksichtigung kultureller und sozialer Unterschiede**: Kritiker bemängeln, dass Bildungsstandards oft nicht ausreichend die unterschiedlichen kulturellen und sozialen Hintergründe der Schülerinnen und Schüler berücksichtigen. Diese Kritikpunkte spiegeln die Sorge wider, dass Bildungsstandards zwar eine gewisse Vergleichbarkeit und Qualitätssicherung bieten, aber auch die Gefahr bergen, die Vielfalt und Tiefe von Bildung zu reduzieren.

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