Erläutern Sie die Domar-Formel und deren Rolle im Rahmen des Maastricht-Vertrags?

Antwort

Die Domar-Formel ist ein ökonomisches Konzept, das die Beziehung zwischen dem Schuldenstand eines Landes, dem Wirtschaftswachstum und dem Haushaltsdefizit beschreibt. Sie wurde von dem Ökonomen Evsey Domar entwickelt und ist besonders relevant für die Analyse der Tragfähigkeit von Staatsschulden. Die Formel lautet: \[ \frac{D}{Y} = \frac{d}{g - r} \] Dabei steht: - \( \frac{D}{Y} \) für die Schuldenquote (Verhältnis von Staatsschulden zum Bruttoinlandsprodukt, BIP), - \( d \) für das Primärdefizit (Haushaltsdefizit ohne Zinszahlungen) als Anteil am BIP, - \( g \) für das nominale Wirtschaftswachstum, - \( r \) für den nominalen Zinssatz auf die Staatsschulden. Die Domar-Formel zeigt, dass die Schuldenquote stabil bleibt, wenn das Primärdefizit als Anteil am BIP gleich dem Produkt aus der Differenz zwischen Wirtschaftswachstum und Zinssatz ist. Wenn das Wirtschaftswachstum höher ist als der Zinssatz, kann ein Land ein Primärdefizit haben, ohne dass die Schuldenquote steigt. Umgekehrt, wenn der Zinssatz höher ist als das Wirtschaftswachstum, muss das Land einen Primärüberschuss erzielen, um die Schuldenquote stabil zu halten. Im Rahmen des Maastricht-Vertrags, der die Grundlage für die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) bildet, spielt die Domar-Formel eine indirekte Rolle. Der Vertrag legt bestimmte Konvergenzkriterien fest, die die Mitgliedstaaten erfüllen müssen, um der Eurozone beizutreten und in ihr zu verbleiben. Zwei dieser Kriterien betreffen die Staatsverschuldung und das Haushaltsdefizit: 1. Die jährliche Neuverschuldung (Haushaltsdefizit) darf nicht mehr als 3 % des BIP betragen. 2. Die Gesamtverschuldung darf nicht mehr als 60 % des BIP betragen. Die Domar-Formel hilft dabei, zu verstehen, unter welchen Bedingungen diese Kriterien eingehalten werden können. Insbesondere zeigt sie, wie wichtig es ist, dass das Wirtschaftswachstum mindestens so hoch ist wie der Zinssatz auf die Staatsschulden, um eine nachhaltige Fiskalpolitik zu gewährleisten. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, könnte ein Land Schwierigkeiten haben, die Maastricht-Kriterien zu erfüllen, was zu wirtschaftlichen und politischen Spannungen innerhalb der Eurozone führen kann.

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