Formalismus und Strukturalismus sind zwei bedeutende theoretische Ansätze in der Literatur- und Sprachwissenschaft. **Formalismus:** Der Formalismus ist eine literaturtheoretische Richtung, die sich auf die formalen Aspekte eines literarischen Werkes konzentriert. Er entstand in den 1910er und 1920er Jahren in Russland und wird oft mit der Russischen Formalismus-Schule in Verbindung gebracht. Die Formalisten interessierten sich weniger für den Inhalt oder die sozialen und historischen Kontexte eines Textes, sondern vielmehr für dessen Struktur, Sprache und literarische Techniken. Wichtige Vertreter sind Viktor Šklovskij und Roman Jakobson. Sie führten Konzepte wie "Verfremdung" (ostranenie) ein, um zu erklären, wie literarische Werke die Wahrnehmung der Realität verändern. **Strukturalismus:** Der Strukturalismus ist ein theoretischer Ansatz, der in den 1950er und 1960er Jahren populär wurde und auf den Arbeiten des Linguisten Ferdinand de Saussure basiert. Strukturalisten analysieren kulturelle Phänomene, einschließlich Literatur, als Systeme von Zeichen und untersuchen die zugrunde liegenden Strukturen, die Bedeutung erzeugen. In der Literaturwissenschaft bedeutet dies, dass Texte als Teile eines größeren Systems von Zeichen und Bedeutungen betrachtet werden. Wichtige Vertreter des Strukturalismus sind Claude Lévi-Strauss in der Anthropologie und Roland Barthes in der Literaturtheorie. Sie betonen, dass Bedeutung nicht isoliert, sondern nur im Kontext eines Systems von Differenzen verstanden werden kann. Beide Ansätze haben die Art und Weise, wie Texte analysiert und interpretiert werden, erheblich beeinflusst und bieten Werkzeuge, um die Komplexität literarischer Werke zu verstehen.