In Bertolt Brechts "Leben des Galilei" sind die epischen Elemente so gestaltet, dass sie eine kritische Distanz zwischen dem Publikum und den Charakteren schaffen. Brecht verfolgt mit seinem epischen Theater das Ziel, die Zuschauer zum Nachdenken und zur Reflexion anzuregen,statt sie emotional in die Handlung einzubeziehen. Die Verwendung von Verfremdungseffekten, wie das Einblenden von Kommentaren oder das Brechen der vierten Wand, führt dazu, dass die Zuschauer nicht vollständig in die Emotionen der Charaktere eintauchen können. Stattdessen werden sie dazu angeregt, die gesellschaftlichen und politischen Implikationen der Handlung zu hinterfragen. Zudem sind die Charaktere oft archetypisch und dienen mehr als Träger von Ideen und Konflikten als als tiefgründige, emotional komplexe Individuen. Diese Herangehensweise kann dazu führen, dass die Einfühlung in die Figuren und deren Schicksale eingeschränkt ist, da der Fokus mehr auf der Vermittlung von Botschaften und der kritischen Auseinandersetzung mit Themen wie Wissenschaft, Glauben und Macht liegt.