Die Epik in der Epoche des Sturm und Drang (ca. 1765-1785) zeichnet sich durch eine Betonung von Individualität, Emotionen und Naturverbundenheit aus. Diese literarische Bewegung war eine Reaktion auf die rationalistische Aufklärung und betonte stattdessen das Gefühl und die subjektive Erfahrung. In der Epik des Sturm und Drang finden sich oft folgende Merkmale: 1. **Subjektivität und Individualität**: Die Werke konzentrieren sich auf das Innenleben und die Gefühle der Protagonisten. Die Helden sind oft leidenschaftliche, rebellische Individuen, die gegen gesellschaftliche Normen und Zwänge kämpfen. 2. **Naturverbundenheit**: Die Natur wird als Spiegel der menschlichen Seele und als Quelle der Inspiration dargestellt. Sie spielt eine zentrale Rolle in der Darstellung der emotionalen Zustände der Charaktere. 3. **Geniekult**: Die Autoren des Sturm und Drang verehrten das schöpferische Genie, das sich durch Originalität und schöpferische Kraft auszeichnet. Diese Genies stehen oft im Konflikt mit der Gesellschaft. 4. **Sprachliche Ausdruckskraft**: Die Sprache ist oft kraftvoll, emotional und bildreich, um die Intensität der Gefühle und die Dynamik der Handlung zu unterstreichen. Ein bekanntes Beispiel für die Epik des Sturm und Drang ist Johann Wolfgang von Goethes "Die Leiden des jungen Werther" (1774). In diesem Briefroman wird die leidenschaftliche und tragische Liebe des Protagonisten Werther zu einer unerreichbaren Frau geschildert, was letztlich zu seinem Selbstmord führt. Das Werk ist ein Paradebeispiel für die Betonung von Emotionen und Individualität, die für die Epik dieser Epoche charakteristisch sind.